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An Freunde und Verwandte

Nach der ersten Zeit und der großen Anteilnahme, beginnt der Alltag wieder, doch für die Verwaisten Eltern nicht! In dieser Zeit ist es zusätzlich verletzend, trauernden Menschen aus dem Weg zu gehen. Auch wenn es schwer ist, Betroffenen zu begegnen, so ist es doch so einfach als Nichtbetroffener, ein Lächeln, einen Gruß oder ein kleine Berührung zu schenken. Wenn Worte fehlen, muss man sie nicht erzwingen. Es reicht aus zu sagen: "Ich weiß nicht, was ich sagen soll…mir fehlen die Worte“… So zu tun, als sei die Welt in Ordnung, ist fehl am Platz. Für trauernde Eltern ist die Welt nicht mehr in Ordnung.

Die banalsten Aussagen können wie ein Schlag empfunden werden, zum Beispiel " Schönens Wochenende“ zu wünschen. Es ist nichts mehr schön und nichts ist gut. Es gibt keinen guten Tag mehr. Es ist nicht tröstlich, nach dem unbegreiflichen Tod eines Kindes zu hören …“ Die Zeit heilt alle Wunden“ oder …“ Das Leben geht weiter“… “Sie haben ja noch ein Kind“…Worte, die den Tod des Kindes schmälern. In diesem Moment sind sie unangebracht und bedeutungslos.

Und die obligatorische Frage nach dem „Wie geht es“… Will man ja eigentlich nicht wirklich beantwortet haben. Denn jeder der Kinder hat, möchte sich nicht auch nur eine Minute lang vorstellen, sein Kind sei tot. „Unvorstellbar“, doch für betroffene Eltern ist dies der Alltag.

Verwaiste Eltern sind buchstäblich "bewegungslos". Wichtig ist, rufen Sie an, schicken Sie eine Karte, schreiben Sie eine Mail. Wenn Verwaiste Eltern nicht sprechen oder Besuch haben können, sollten Sie dies akzeptieren. Doch ziehen Sie sich nicht zurück, sondern versuchen Sie es wieder. Zeigen Sie, dass Sie immer da sein werden.

Eltern haben ihr Kind verloren, das Leben das sie kannten, ist vorbei. Zusätzlich Familie und Freunde zu verlieren ist kaum zu ertragen. Leider ist dem aber so. Den meisten betroffenen Eltern ergeht es so. An Festen, Geburtstage und sonstige Feiern teil zu nehmen muss neu erlernt werden, denn das Kind an der Seite fehlt. „Alle sind da….Mein Kind fehlt.“ Ein Beispiel, welche Gedanken Betroffene haben. Nicht immer können Verwaiste Eltern Einladungen annehmen, dies wird leider nicht verstanden und als Rückzug gewertet.

Besonders wichtig ist, an den Gedenktagen des Kindes Anteil zu nehmen. Sei es mit einer Karte, einer Mail, einem kleinen Geschenk zu dem Friedhofbesuch oder einer anderen Geste, die den Betroffenen sichtbar macht und auch zeigt, "es wird an mein Kind gedacht, mein Kind wird nicht vergessen". Schweigen von Familie und Freunden, ist egal aus welchen Gründen, immer ein allein gelassen werden. Natürlich gibt es Gründe, doch warum auch immer, es ändert nichts daran, dass in der schwersten Zeit des Lebens die Unterstützung von Seite der Familie und Freunden fehlt.

Das Leben ohne sein Kind muss neu geordnet werden. Nichts ist mehr wie es war. Das Leben ist verrückt und jede erdenkliche Unterstützung kann Halt sein. Verwaiste Eltern und Geschwisterkinder sind bis tief ins Innerste verletzt und brauchen ein Umfeld, das liebevolles Verständnis zeigt. Das alte Leben mit seinem Kind ist Vergangenheit. Es ist Erinnerung, aber auch die Zukunft ist nicht mehr da.

Einfühlsam sollte auch die Anforderung sein. Leider ist die Erwartungshaltung des Umfeldes an den Trauernden, nach den ersten Monaten der Anteilnahme, sehr groß. Und jeder betrachtet und wertet dies aus einem unterschiedlichen Blickwinkel. Die gebildet Meinung über die Trauernden äußert sich dann meist in vermeintlich gut gemeinte Ratschläge, doch diese signalisieren jedem Trauernden nur „So wie du bist, ist es nicht ok für mich“… „Du solltest meiner Meinung nach, anders sein“.

Richtig ist, es ist alles anders. Der Mensch verändert sich in der Trauer und sucht und findet sich und sein Leben neu. Das bedarf einer unbegrenzt langen Zeit.

Jeder Mensch hat die Fähigkeit mit einem Schicksalsschlag umzugehen und findet seinen Weg aus der Krise. Es ist unvorstellbar schwer, doch mit dem Glauben an sich selbst ist es möglich. Mindern Sie niemals diesen Glauben, indem Sie diesen Menschen sagen, wie sie den Tod ihres geliebten Kindes zu betrauern haben.

Dazu ein Artikel aus der Süddeutschen Zeitung vom 16.03.2018:

Wie man Eltern von verstorbenen Kindern begegnet.

Berlin (dpa/tmn) - Es ist nicht so vorgesehen und trotzdem passiert es: ein Kind stirbt. Eltern müssen Abschied nehmen vom Liebsten, das sie haben auf der Welt. Ihr Umfeld ist damit häufig völlig überfordert, sagt Heiner Melching.

Der Sozialpädagoge hat jahrelang Trauergruppen geleitet und ist heute Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin. "Freunde ziehen sich häufig zurück, weil sie nicht wissen, wie sie mit den verwaisten Eltern umgehen sollen."

Aber wie begegnet man jemandem, dessen Schmerz und Gefühlswelt niemand nachempfinden kann, der nicht selbst schon einmal in so einer Situation war? "Die Antwort ist ganz einfach", sagt Melching: "Seid so ratlos, wie ihr seid." Hingehen, im Zweifelsfall gar nichts sagen, nichts empfehlen, sondern die Katastrophe aushalten.

Dass die pure Präsenz eines anderen dem Trauernden gut tut, hat auch Karin Seidenschnur schon häufig erlebt. Die Seelsorgerin bietet Gespräche in Krankenhäusern und dem Kinderhospiz Sonnenhof der Björn-Schulz-Stiftung in Berlin an. "Ich sitze manchmal einfach nur da und spreche gar nicht." Oft genug sagt auch ihr Gegenüber nichts. "Später melden mir die Eltern dann aber zurück, es habe ihnen geholfen, dass ich da war."

Für Menschen, die keine Erfahrung mit Trauernden haben, fühlt es sich vielleicht komisch an, keinen guten Rat auf Lager zu haben. Sie wollen etwas sagen, irgendwie trösten und dass es dem anderen besser geht. "Wir neigen dazu, nach Lösungen zu suchen", erklärt Melching - Lösungen, die es für das Problem verwaister Eltern aber nicht gibt.

Wer helfen möchte, sollte das unbedingt aktiv anbieten. "Viele spielen den Ball an den Trauernden zurück", ist Melchings Erfahrung. "Sie sagen: Ruf mich an, wenn du mich brauchst." Nur: Braucht ein Trauernder Unterstützung, wiegt der Telefonhörer 100 Kilo. Deshalb formuliert man besser umgekehrt: "Ich rufe dich am Montagabend an, und wenn du nicht reden möchtest, nimmst du einfach nicht ab."

Was auch entlastet: Aufgaben abnehmen. "In den ersten Wochen nach dem Tod des Kindes hilft es ungemein, wenn zum Beispiel jemand für einen einkaufen geht." Im Supermarkt entstünden oft unangenehme Situationen, etwa, wenn andere noch nicht wissen, dass das Kind gestorben ist.

Vermeiden sollten Freunde und Bekannte gutes Zureden à la: "Das wird schon wieder." Denn so ist es ja nicht. "Auch Sprüche wie "Ich ahne, wie du dich fühlst" sind vollkommen unangemessen."

Was verwaisten Eltern in der ersten Zeit allerdings manchmal helfe, sei, über ihr Kind zu sprechen. Auch Schuldgefühle spielen oft eine Rolle, sagt Seelsorgerin Seidenschnur. "Fast jeder, der ein Kind verloren hat, fragt sich, ob er nicht doch noch irgendetwas hätte tun können." Manche zweifeln auch, ob sie zum Beispiel in der Schwangerschaft alles richtig gemacht haben - etwa, wenn das Kind einen Gendefekt hatte. "Natürlich ist das Quatsch, aber gegen solche Gedanken kommen Eltern nicht an."

Offenheit sei generell meist der beste Weg im Umgang mit Trauernden. Statt sich aus Sorge, das Falsche zu tun, zurückzuziehen, können Freunde ruhig ganz offen fragen, was dem anderen jetzt gut tut: Möchte er über sein verstorbenes Kind sprechen? Über die letzten Tage? Oder möchte er lieber abgelenkt oder komplett in Ruhe gelassen werden? In der Regel wüssten Trauernde ziemlich genau, was sie brauchen, sagt Melching.

In der ersten Zeit nach dem Tod ihres Kindes haben verwaiste Familien häufig noch recht viel Besuch, es kommen Karten, ab und an ruft auch jemand an. "Nach und nach hört das auf", ist Seidenschnurs Erfahrung. Was aber nicht aufhört, ist der Schmerz. Freunde, die bleiben, sollten wissen, dass das so ist. "Trauernde Eltern bekommen immer wieder zu hören: "Das ist doch jetzt schon Jahre her."" Ja, möchte sie dann gern antworten, aber das Kind ist immer noch tot.

"Trauer ist so individuell wie die Liebe", fasst Melching zusammen. "Wir akzeptieren, dass es für die Liebe keine Anleitung gibt, Trauer aber wollen wir in Phasen einteilen und Rezepte gegen sie entwickeln." Ein sinnloses Unterfangen. "Wir müssen hinnehmen, dass manche Wunden nicht heile